bookmark_borderThe Emptiness

Alle alle!

Je dicker ein Spiel aufträgt, desto geringer wird mein Interesse, es zu spielen – bis das Ganze kippt und ich Lust bekomme, es mir vorzunehmen, nur es dann in Grund und Boden verreißen zu können. Bei The Emptiness kamen Superlative auf beiden Seiten zusammen: Auf der einen Seite die die Macher des Spiels, die nicht müde werden zu betonen, dass ihr Game so über alle Maßen erschütternd ist, dass man es mit Herzproblemen oder einer psychischen Störung nicht spielen darf – und auf der anderen Seite Nutzerkritiken, die an dem Spiel kein gutes Haar lassen. Nur ein Drittel aller Steam-Rezensenten können der spielgewordenen Leere etwas Positives abgewinnen, und für knapp zehn Euro hätte ich es mir sicher nicht gekauft, aber nachdem ich es jetzt aus einem Bundle gezogen habe und nach meinem Holy Potatoes-Exzess wieder etwas schnell durchzuspielendes suchte, habe ich es mir jetzt vorgenommen, motiviert von der Aussicht auf einen knackigen Verriss.

Aber was soll ich sagen? So schlecht ist das Spiel gar nicht. Es ist, kein Zweifel, technisch Schrott. Es hat sehr, sehr, sehr viele Mängel. Es macht über weite Strecken keinen Spaß. Aber es hat seine Momente, und es hat es geschafft, mich zu gruseln. Und käme es nicht mit diesen völlig überzogenen Warnhinweisen an – so wie die Horrorfilme aus den 50ern, die erklärten, zu entsetzlich für ein zartbesaitetes weibliches Publikum zu sein, und mit ihren Pappmacheemonstern schon damals niemandem Angst eingejagt haben – könnte es das nette, kleine Spiel sein, das es ist.… Weiterlesen “The Emptiness”

bookmark_borderNevermind

Wenn es mir nur gruselte!

Zu den vernichtendsten Urteilen, die mein Vater über einen Künstler (insbesondere einen Autor) zu fällen pflegte, gehört ohne Zweifel der Satz »Er wollte wesentlich werden.« Vorzugsweise über jemanden aus der Unterhaltungsbranche, dem es nicht mehr ausreichte, zu unterhalten, und der daraufhin ein pseudophilosophisches Geschwurbel von sich gegeben hat. Das konnte zum Beispiel eine Folge der Krimiserie »Derrick« sein, aber auch Bücher, Comics, Musik, nichts war gefeit vor dem Todesurteil »wesentlich«. Nichts gegen Anspruch, aber auch nichts gegen einfache Unterhaltung: Das Problem ist »gewollt und nicht gekonnt«. Mein Vater, um Missverständnissen vorzubeugen, erfreut sich bester Gesundheit, wir haben nur zu lange kein Derrick mehr geschaut. Und ich stelle fest, das gilt auch für Computerspiele. So habe ich mich im vergangenen Jahr durch das völlig zerredete The Old City – Leviathan gearbeitet, das außer Küchenphilosophie und Postkartenmotiven nicht viel zu bieten hatte.

Aber The Old City – Leviathan wollte unterm Strich auch nicht mehr, als eine Geschichte erzählen. Nevermind hingegen, das ich gerade beendet habe, verspricht viel mehr. Es will nicht nur die Abgründe der menschlichen Seele erforschen, sondern dazu noch mich, den Spieler, dahingegend ausbilden, meine eignenen Ängste, Sorgen und Gefühle besser zu verstehen, auf Stressstituationen zu reagieren, und am Ende der vielleicht fünfstündigen Spielzeit wie ein neuer Mensch daraus hervorzugehen.… Weiterlesen “Nevermind”

bookmark_borderAutumn Dream

Me English nicht verstehen

Ich lerne seit einem halben Jahr Russisch. Das heißt, ich habe das erste Volkshochschulsemester hinter mir. Mit einem halben Jahr Russisch kommt man noch nicht weit, aber ich suche immer nach Möglichkeiten zum Üben, und ich hatte die großartige Idee, das mit Computerspielen zu tun. Schließlich kommen viele tolle – oder weniger tolle – Spiele aus Russland, Wimmelbildspiele zum Beispiel, und wenn ich die auf Steam dann so einstelle, dass ich sie im Original spielen kann, lerne ich meine Vokabald auf spielerische Weise. Zumindest in der Theorie. Ich habe es versucht mit dem Spiel Dance of Death, und es war ein Flop. Das Spiel ist so unglaublich schlecht, die einzige Sprachausgabe grammatikalisch falsches Englisch mit russischem Akzent, die grobkörnige Schrift nicht zu entziffern, die Graphik unattraktiv, dass ich den Versuch schnell wieder aufgegeben habe. Dafür konnte ich jetzt mit einem ganz anderen Spiel meine Fremdsprachenfähigkeit verbessern.

Autumn Dream nennt sich der Titel des Indie-Spieleentwicklers GDNomad, von dem auf eine ganze Reihe billigster Horrorspiele mit niederschmetternden Bewerungen zu finden sind. Ich habe alle, schließlich hat mich keine von ihnen mehr als 50 Cent gekostet, und für 50 Cent schreibe ich auch gern einen lustigen Verriss. Autumn Dream belegte schon seit längerem ein gutes Gigabyte auf meiner Festplatte, und weil die natürlich mal wieder viel zu klein ist und ich den Rezensionen entnommen habe, dass das Spiel in weniger als einer Stunde durch ist, klang das wie schnell verdienter Festplattenplatz.… Weiterlesen “Autumn Dream”

bookmark_borderHouse of Caravan

Da wackelt das Haus!

Manchmal hat man schon den Eindruck, dass »Walking Simulator« ein Synonym ist für »Wir sind unfähig, irgendwas Belebtes in unsere Spiele zu programmieren«. Und wo einige dieser Spiele im Gegenzug eine tolle Geschichte präsentieren, die sich nach und nach entfaltet, hat man bei anderen das Gefühl, dass die Macher ein Setting ohne Spielelemente hochgeladen haben und es unter dem Deckmäntelchen »Walking Simulator« ein Spiel nennen. House of Caravan ist irgendwo dazwischen angesiedelt, ein begehbares, leicht gruseliges Haus mit einem Hauch von Handlung, einer lachhaften Physikengine, drei Puzzeln, die den Namen nicht wirklich verdienen – aber dabei so unerträglich verbuggt, dass es wirklich keinen guten Eindruck hinterlässt. Ich habe es trotzdem bis zum Ende durchgespielt, und ich muss sagen, dass dem Spiel etwas gelungen ist, dass ich bei anderen vermeintlichen Gruselspielen der jüngeren Zeit nicht hatte: Ich habe mich gegruselt. Nicht ständig, und nur ein bisschen, aber immerihn. In dieser Hinsicht: Ziel erreicht. In aller anderer Hinsicht: Setzen, sechs.

Entgegen des holprigen Titels sitzen Rosebud Games, die Macher dieses Schmuckstücks, nicht irgendwo in Osteuropa, sondern in Barcelona. Trotzdem ist man geneigt, den Titel House of Caravan mit dickem russischen Akzent auszusprechen. Tatsächlich spielt das Spiel in der Gegend von Boston, und wir befinden uns im Jahr 1910.… Weiterlesen “House of Caravan”

bookmark_borderVernon’s Legacy

Übrigens, du bist jetzt tot

Vernon’s Legacy habe ich mir vor einem guten halben Jahr gekauft (da war der Steam Summer Sale – das kommt hin), weil mich die Graphiken wirklich angesprochen haben, auch wenn das Spiel da noch in der Open Access-Phase war und ich eigentlich keine Open Access-Games kaufe. Es hat nicht viel gekostet, und ich war wirklich neugierig – gespielt habe ich es aber erst jetzt, nachdem ich gesehen habe, dass inzwischen die Finalversion released worden ist. Und wer mich ein bisschen kennt, dem reicht ein Blick auf den ersten Screenshot, warum ich da nicht widerstehen konnte: ein Spukhaus! Ein Gruselspiel! Wirklich, ich komme um kein Spukhausspiel rum. Selbst, wenn die Kritiken noch so abgründig sein mögen – jedes Spukhaus mit einigermaßen erträglicher Graphik wird gekauft, und, manchmal, auch gespielt. Da ich mir gerade zum Jahresende ein bisschen Urlaub gönne und vor lauter Spielen nicht weiß, wo ich anfangen soll, habe ich mir also ein Stündchen Vernon gegönnt. Und es war schön, so lange, bis ich ohne Vorwarnung gestorben bin.

Vom Prinzip her ist Vernon’s Legacy die Zwanziger-Jahre-Version von Gone Home – während draußen ein Unwetter tobt, wandert man durch ein verlassenes Haus, findet Notizen, und sammelt die Schlüssel, um die verschlossenen Räume aufzusperren.… Weiterlesen “Vernon’s Legacy”

bookmark_borderThe 7th Guest

Willkommen in meinem Haus!

Wenn ich heute über Grusel- und Puzzlespiele schreibe, muss ich eigentlich mit dem anfangen, ohne das es das alles nicht gäbe – ein Spiel, das nicht nur in seiner Zeit Maßstäbe gesetzt hat und das Genre der lösbaren Puzzlespiele begründet hat (lösbar heißt: Ich rede nicht von Myst), sondern ohne dass ich vielleicht nie eine Mysteryautorin geworden wäre. Ein gruseliges altes Haus voller noch viel gruseligerer Puppen – wie klingt das? Genau: wie The 7th Guest. Und dieses Spiel, das inzwischen nicht weniger als dreiundzwanzig Jahre auf dem Buckel hat, ist dank Steam und Gog.com heute wieder und immer noch spielbar. Und wenn man über die inzwischen natürlich heillos veraltete Graphik hinwegsieht, das schmierenkomödiantische Chargieren der vor dem Greenscreen agierenden Schauspieler, dann bleiben immer noch so knifflige und originelle Rätsel und Spiele übrig, dass sich The 7th Guest immer noch und immer wieder lohnt.

Als ich The 7th Guest das erste Mal spielte, um 1996 herum, war es für mich bahnbrechend. Ich hatte mir für nicht weniger als fünfundzwanzig Mark die Doppel-CD gekauft, ohne wirklich eine Ahnung zu haben, um was es in dem Spiel ging, weil mich der Titel ansprach und ein geheimnisvolles Haus drauf abgebildet war und ich dieses Faible für gruselige Häuser nicht erst seit drei Jahren habe.… Weiterlesen “The 7th Guest”

bookmark_borderThe Park

Mommy braucht dich. Nicht.

Wer mein Wimmelbild-Blog Spielosoph.de verfolgt, oder einen meiner Gaslicht-Romane gelesen hat, weiß, dass ich eine Vorliebe fürs Gruselige habe und immer auf der Suche bin nach Spielen, Büchern oder Filmen, die mir Angst einjagen. Dabei bin ich wirklich sehr, sehr leicht zu erschrecken. Ich muss endlich einmal ein Let’s Fail über meine Abenteuer mit Amnesia schreiben, bei dem ich direkt nach Spielstart in einen Wandschrank gerannt bin und mich bis heute nicht aus ihm hinausgetraut habe. Spritzendes Blut, Hirnmasse und Gedärme lassen mich kalt. Der Irre mit der Kettensäge kann mich mal. Ich fürchte das am meisten, was ich nicht sehe. Und daher sind die gruseligsten Spiele immer die, die ich nicht spiele. Kaum etwas, das einem da über den Weg läuft, schlägt das, was ich mir in meinem Hirn selbst ausgemalt habe. Demzufolge besitze ich Dutzende von Spiele aus dem Horror-Genre, traue mich aber üblicherweise nicht, sie auch zu spielen.

Manchmal kommt dann ein Spiel daher, das neben dem Versprchen von Grusel auch noch ein Thema hat, dem ich nicht widerstehen kann. The Park, zum Beispiel, spielt in einem verlassenen Vergnüngspark, und ich liebe Vergnügungsparks. Ich habe im Wimmelbild-Sektor jedes einzelne Spiel mit verlassenen Vergnügungsparks durchgespielt – und das sind viele, am Empfehlendswertesten wohl Mystery Case Files: Fate’s Carnival und Dark Arcana: The Carnival, am Schwächstem Creepy Tales: Lost in Vasel-Land; es ist ein Genre, von dem ich einfach nicht genug bekommen kann.… Weiterlesen “The Park”